Stellungnahme von G9 jetzt! BW vom 05.02.2024

zu SWP-Artikel „Kretschmann lädt zum Bildungsgipfel“ vom 02.02.2024


„Schwergewicht“ sitzt mit am Verhandlungstisch

Die Landesregierung wird sich am 23. Februar also mit den Fraktionsvorsitzenden zum Thema G9 an einen Tisch setzen.

G9 jetzt! BW begrüßt es sehr, dass in Stuttgart endlich und erstmals – 15 Monate nach Ankündigung des Volksantrags „G9-Gesetz“ und fast 4 Monate nach formaler Einreichung desselben – über ihre Forderung gesprochen wird.

Mit der Einladung wies Ministerpräsident Kretschmann darauf hin, dass man „ohne Vorbedingungen“ in die Gespräche gehen sollte. Das klingt prinzipiell sinnvoll und weckt Hoffnungen.

Allerdings dürfen die Repräsentanten der Wähler nicht ohne basisdemokratischen Kompass unterwegs sein. Wie wichtig den Bürgern das G9 im Sinne des unterschriebenen Gesetzentwurfs ist, wurde durch die gute halbe Tonne Formblätter deutlich, die von den Aktiven des Volksantrags zum Lieferanteneingang der Landtagsdruckerei geschleppt wurde.

An ihr lässt sich ablesen, wieviel Gewicht der Volksantrags in der Debatte erhalten sollte – und dies nicht nur an einem versteckten, zugigen Hintereingang.

Auf die Verhandlungen bezogen bedeutet dies, dass der Fokus auf den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen sowie der Bildungsqualität liegen muss. Die zugespitzte Situation an den Gymnasien macht ein schnelles Handeln nötig – hierüber sind sich ALLE an dieser Schulart Beteiligten (Schüler, Eltern, Lehrer) in selten erlebtem Schulterschluss einig. Wie im Gesetzentwurf vorgeschlagen könnte die Umstellung auf G9 in zwei Schritten erfolgen: Zunächst die kurzfristige Entlastung aller Jahrgänge durch eine lineare Streckung der Lerninhalte nach dem Vorbild der G9-Modellschulen. Nach zwei Jahren käme dann ein neu erarbeiteter G9-Bildungsplan zum Einsatz.

Hierfür haben knapp 107 000 Bürger unterschrieben. Genauso wie ihnen eine Beteiligung an der Schulzeitverlängerung der coronagebeutelten Schüler, die bereits jetzt die Klassen 5 bis 9 des Gymnasium besuchen, ein wichtiges Anliegen ist.

Natürlich sollten auch die massiven Probleme an den Grundschulen angegangen werden. Das bürgerliche Engagement der G9-Befürworter gab den Anstoß, die Bildungssituation als Ganzes in Augenschein zu nehmen, und das ist gut so. Selbstverständlich müssen insgesamt konstruktive Lösungen gefunden und UMGESETZT werden und nicht nur vage Versprechungen für die Zukunft oder Ausreden im Sinne rhetorischer Whataboutismen und angezettelter Verteilungskämpfe, die womöglich wieder einmal Ausrede dafür sind, am Ende überhaupt nichts zu tun.

Ja, eine Verlängerung der Gymnasialzeit hätte Folgen für die anderen Schularten. Teilweise würden die durch die Umstellung auf G8 verursachten – damals nicht bedachten – Schülerverschiebungen, die weder den Kindern noch der Bildungsqualität dienten, wieder rückgängig gemacht werden. Bei diesen schulpolitischen Erwägungen dürfen Schüler und ihre Familien jedoch nicht als Erfüllungsgehilfen gesehen werden. Das muss das System alleine verkraften können. Mit Blick in die anderen Bundesländer kann man aber guten Gewissens davon ausgehen, dass nahezu keine „Kollateralschäden“ auftreten werden.

Eine Zumutung, wenn nicht eine fatale Fehlentscheidung mit möglichen Kollateralschäden für die Demokratie wäre es hingegen, wenn die wichtigsten Forderungen der knapp 107 000 Menschen – so viele direkte Wähler hat vermutlich keiner der Diskutanten um Ministerpräsident Kretschmann – nicht berücksichtigt werden würden. Bei allem „Identifizieren der zentralen Themenkomplexe“ sollte klar sein, dass unsichtbar ein echtes „Schwergewicht“ mit am Verhandlungstisch sitzt, das überdies definitiv noch zulegen könnte.