Zumeldung von G9 jetzt! BW zum Artikel “Nebenwirkungen der G9-Debatte” von Renate Allgöwer in der Stuttgarter Zeitung 30.1.23


“Sind wir bei der Triage angekommen?“


Bereits am Titel kann man erkennen, dass sich die wohlgewählten drei Bildungswissenschaftler eines medizinischen Bildes zur Verdeutlichung der Situation im baden-württembergischen Schulsystem bedienen.
Besorgt skizzieren sie die “Nebenwirkungen“ eines möglichen G9. Und sie mahnen an, dass die Eltern, die sich mit einem Volksantrag für das G9 einsetzen, weil es die Landesregierung bisher nicht geschafft hat, den gescheiterten G8-Kurs auf politischem Wege zu korrigieren, nur „Pflaster auf einzelne Wunden legen” also zu “kleinteilig” diskutieren.
Vielmehr sollten G9-Befürworter auch „die Realschule und die Gemeinschaftsschule in Betracht ziehen” – wer hat an deren sinnvoller Existenz eigentlich je gezweifelt? – und an die Minderung der Attraktivität des Lehrerberufs außerhalb des Gymnasiums durch ein G9 denken.

Das müssen die Initiatoren und Unterstützer des Volksantrags G9-Gesetzes NICHT, denn diese Aktiven setzen sich für die Belange der Schülerinnen und Schüler am Gymnasium ein.
Sie sehen, wie die jungen Menschen leiden unter der Schulzeitverkürzung. Sie sehen, dass kaum etwas hängenbleibt vom Lernen im Druckbetankungsmodus. Sie sehen, dass gerade in schwierigen Lebensphasen wie der Adoleszenzkrise zu wenig Zeit zur Verfügung steht für eine gesunde Entwicklung und dass dieser Mangel an Freiräumen gravierende psychische Folgen haben kann. Sie sehen, dass die Vorbereitung auf ein Studium immer schlechter wird. Sie sehen – gemeinsam mit den Eltern und Verantwortlichen der meisten anderen Bundesländer – dass die Einführung des G8 ein Irrweg war.
Das alles sehen sie und darum sammeln sie Unterschriften. Als mitfühlende, engagierte Bürger, NICHT als Lenker der Schülerströme am grünen Tisch oder ideologische Konstrukteure eines bundesweiten Sonderweges. Und sie stellen mit über 90 Prozent für das G9 als Regelweg am Gymnasium mit G8-Option eine überwältigende Mehrheit.

Drei Bildungswissenschaftler wissen es angeblich besser als die Eltern, die Schüler und viele Lehrer und glauben die einzig richtige Therapie zu kennen: “die realistische Zweigliedrigkeit”.

Eine Säule davon ist und bleibt das Gymnasium, aber im G8. Und diese scheinbar nur noch geduldete Schulart darf dann ruhig selektieren und sogar sozial ungerecht sein – die besten Schüler werden das schon irgendwie schaffen und sind angeblich sowieso zufriedener im G8 – wie Herr Bohl schon 2014 in dieser Zeitung zu berichten wusste https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-erziehungswissenschaftler-schueler-in-g8-sind-zufriedener.2267ccb6-17fd-44ea-9d0f-8d4c2bcb7e97.html

Die zweite Säule – hier schwingt dann die beim Thema Gymnasium ausgeschaltete Empathie mit den Schülern wieder deutlich mit – wäre eine integrierte Schulart, die “hochprofessioniell mit Heterogenität umgehen kann”, und über welche die Schüler dann in 9 Jahren zum Abitur kommen können. In den Ausbau der gymnasialen Oberstufen – als dritten (!) Weg zum Abitur – scheint man also durchaus investieren zu wollen, trotz angeblich klammer Kassen, fehlender Lehrkräfte und trotz mangelhafter elterlicher Akzeptanz

Medizinisch ausgedrückt sind wir bei der Triage angekommen: Der aufgegebene Patient ist das ungeliebte Gymnasium. Von Klasse 5 bis 10 verlassen immer mehr Schüler diese Schulart, die Kursvielfalt in der Oberstufe leidet – das allgemeinbildende Gymnasium blutet aus, da helfen auch keine Calendula-Kompressen, keine Verbesserungen, die im letzten Absatz “nicht ausgeschlossen“ wurden.

Die überwiegende Mehrheit der Eltern ist nicht einverstanden mit dieser Behandlung der Schulart ihres Vertrauens.

Darum machen sie weiter mobil – mit jeder einzelnen Unterschrift direktdemokratisch aktiv für das G9!

Anja Plesch-Krubner und Corinna Fellner
für G9 jetzt! BW