Zumeldung von G9 jetzt! BW zum Artikel über die LPK mit Ministerpräsident Kretschmann und KM Schopper
„Doch wieder neun Jahre bis zum Abi?“ von Bärbel Krauß am 17.1.2023 Stuttgarter Zeitung


G9 in Baden-Württemberg? – Einzig und allein eine Frage des politischen Willens!


Der Titel des Artikels macht den Eltern im Lande Mut. Doch schon während des gespannten Lesens der Stellungnahme des Ministerpräsidenten und der Kultusministerin kehrt altbekannte Ernüchterung ein: Huldvoll zollt man den basisdemokratisch Aktiven den nötigen Respekt, um dann mit den üblichen Totschlagargumenten und den bekannten, die Elternschaft verschiedener Schularten spaltenden Ausführungen zur Verteilungsungerechtigkeit – man kennt dies aus dem alten Rom: Teile und herrsche! – die Umsetzung des G9 für unmöglich zu erklären.

Kurz zu den Argumenten:

Keine Lehrer – das stimmt für das Gymnasium nicht. Diese Lehrkräfte können allerdings nicht ohne weiteres an anderen Schularten eingesetzt werden, um den Mangel dort zu beheben. Zudem werden erst nach drei Jahren allmählich mehr Deputate benötigt, je nachdem wie viele Eltern/Schüler sich für G9- bzw. G8-Klassen entscheiden – bei hoher G9-Quote bis etwa 1400 zusätzliche Lehrerstellen. Allerdings könnte es knapper werden, wenn sich die jungen Lehrkräfte vom großzügigeren Nachbarn Bayern anwerben lassen und dort ohne Peitsche oder G8-Daumenschrauben ihren Beruf ausüben dürfen.

Kein Geld – es geht um etwa 5% Mehrkosten für die Gymnasien. Eine Frage des Wollens, das „arme“ Saarland will beispielsweise. Und bei der Einstellung von 7000 Verwaltungsangestellten (darunter ein zweiter Staatssekretärsposten im Kultusministerium) war man nicht knausrig. Laut Herrn Kretschmann spielten hier übrigens „Tausend Beamte mehr oder weniger…“ überhaupt keine Rolle. Wieviel sind ihm unserer Kinder wert? https://www.pressreader.com/germany/schwaebische-zeitung-wangen/20210804/281573768742518

Bringt Unruhe – viele Lehrkräfte und Schulleiter kennen G9 noch und wissen, wie es funktioniert im Gegensatz zur Situation bei der Umstellung auf G8. Und gab es denn in den letzten Jahren jemals Ruhe im G8-System? Bei den Schülern im G8-Turbogang sowieso nicht. Außerdem ein denkbar schlechtes Argument, wenn es um die Korrektur eines bundesweit falsch eingeschlagenen bildungspolitischen Kurses geht. Denn das Modell G8, das Baden-Württemberg laut dem Artikel nach den Worten von Herrn Kretschmann als fast letztes Bundesland noch „pflege“, ist tot gepflegt oder liegt zumindest im Sterben.

„Es verschiebt sich etwas“ durch G9 bei Realschulen und beruflichen Gymnasien – dieses deutliche Eingeständnis ausgerechnet von grüner Seite, das G8 als Selektionsinstrument und zur Schülerlenkung einzusetzen, darf schon wundern.

Und die erstaunlichste Aussage: „Es gebe ganz wenig schlagende Argumente“ für das G9 – die große Mehrheit der Eltern und die meisten anderen Bundesländer laufen also unbegründet in die Irre?

Wie gut, dass man sich mit den Initiatoren austauschen möchte, im Stuttgarter Staats- und Kultusministerium scheint wenig von den großen alltäglichen Sorgen und teilweise aufrüttelnden Schilderungen der Familien an der Basis sowie aus den Schulen anzukommen.

Dabei liegt die Beweislast nun – schon gar wegen des erfolgreich laufenden Volksantrags – endgültig bei der Landesregierung. Hier bräuchte es dringend schlagende Argumente für G8, um den einsamen Geisterfahrerstatus baden-württembergischer Gymnasien zu rechtfertigen. Aber auch nur einen einzigen positiv formulierten Grund – jenseits ideologischer oder finanzieller Erwägungen – zu finden, wird schwierig,

Und selbst, wenn die G9-Befürworter ihrerseits kein einziges Argument besäßen, müsste man in einer Demokratie nicht auch normative Ansätze berücksichtigen, also den Wunsch einer großen Mehrheit der Eltern – sogar bundesweit – nach dem neunjährigen Gymnasium?

So laufen wir selbst bei 35 Grad nicht gänzlich unbekleidet durch die Städte und legen im Restaurant nicht die Füße auf den Tisch. Hier bedarf es auch keiner Studien oder Beweise zu Nutzen oder Schaden dieser mehrheitlich vereinbarten Regeln unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Es ist positiv, dass sich die Landesregierung mit den Eltern austauschen möchten. Unterdessen stärkt jede weitere Unterschrift die Position der G9-Befürworter.

Anja Plesch-Krubner und Corinna Fellner
für G9 jetzt! BW